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Herr Meyer... und wie er die Welt klebte

Veröffentlicht am 22.11.2023

Die (vergessene) Kunst der Kinodekoration


Als das Dekorieren von Schaufenstern noch eine Kunst für sich war… gab es in zahllosen größeren Kinos eigene Dekorateure, die sich nur mit dem Aushängen von Plakaten und Fotos beschäftigten. Sie mussten die Voranzeige-Schaufenster regelmäßig mit möglichst neuen Aushangmaterialien bestücken, Papp-Aufsteller zusammenbasteln, jeden Mittwochabend die aktuell am Donnerstag startenden Filmen samt Startzeiten und Wochen-Schild („13. Erfolgswoche!!!“) neu dekorieren, dazu Wochenposter und -flyer auslegen, Fenster putzen, altes Material zerschneiden oder zurücksenden, falsche Weihnachtsbäume aufstellen, zusätzliche Accessoires in Dekorationsgeschäften besorgen, Werbung in andere Kinos schleppen, Premieren-Dekos vorbereiten und Stundenzettel ausfüllen. Und sie mussten auf lange Leitern steigen, um Wände zu verkleiden oder die aktuellen Filmtitel mit einzelnen Buchstaben in die leuchtenden Programmanzeiger zu stecken. Besonders letzteres konnte am späten Mittwochabend, wenn die Leiter direkt am Straßenrand aufgestellt werden musste, zu spektakulären Unfällen führen. Bei langen Filmtiteln gingen auch schon mal die passenden Farben und Größen aus. Dann war aber oben, im Gegensatz zum scharf bremsenden Bus unten, ein zu kleines rotes T am Ende der ansonsten schwarzen Schrift kein Beinbruch.

Einer dieser emsigen Dekorateure war Fred R. Meyer, der viele Jahre lang für die UFA in Düsseldorf arbeitete und sein Büro samt Werkstatt im dortigen Residenz-Kino, gleich hinter dem großen Saal, hatte. Grundsätzlich, so die Anweisung der berühmt-berüchtigten UFA-West-Chefin Margret Peiper, mussten alle Poster und Bilder auf Kapaline für den Aushang mit Sprühkleber aufgezogen werden. Gefaltete Poster waren nicht zugelassen, Fremdlogos auf Plakaten umgehend wegzuschneiden. Bei solchen schriftlichen Anweisungen setzte Herr Meyer dann seine Brille, über die er sonst gerne hinwegschaute, richtig auf und schnippelte umgehend die Logos des Softdrink-Herstellers oder des Reiseanbieters weg. Danach schnappte er sich seine Leiter und seinen blauen Sack mit neuem Dekomaterial und bugsierte alles durch den dunklen Kinosaal Richtung Foyer oder Passage. Meyer war bekannt für seine Styropor-Buchstaben, die er für alle Kinos und besonders wichtige Neustarts anfertigte. Unser Bild zeigt eines seiner übriggebliebenen Werke für das Düsseldorfer Europa-Kino (1971-1998). (rs)