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110 Jahre Asta Nielsen

Veröffentlicht am 17.11.2021

Heute vor 110 Jahren eröffnete Asta Nielsen in Düsseldorf „ihr“ Kino, das letztlich ein Westernkino wurde


Vielleicht war das Asta Nielsen eigentlich immer ein Westernkino. Zwar begann es 1911 sein Dasein mit der tragischen Romanze „Der fremde Vogel“, aber auch in diesem Melodram mit Asta Nielsen in der Hauptrolle liegt Westernstimmung. Der Spreewald, der unbekannte Bootsführer, die gut situierte Tochter aus gutem Haus samt Anstandsdame, der Fluss, der Tod… Schon in den ersten Jahrzehnten tobten Helden wie Harry Piel oder Fantômas über die Leinwand des Theaters, aber auch Western wie „Die Falle am Crowton Pass“ kamen zur Aufführung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Theater der Familie Baltes endgültig zum Westernkino – und Rosemarie Gramberg, die Tochter des im Krieg früh verstorbenen Kurt Baltes, sagte dieses Jahr: „Das Asta wurde für sein Westernprogramm über die Stadtgrenzen hinaus geschätzt. Wenn ein Western im Asta gut lief, wollten andere Theaterbesitzer ihn unbedingt auch spielen.“ Zum größten Western-Erfolg des Hauses mauserte sich ausgerechnet eine Western-Parodie: „Die rechte und die linke Hand des Teufels“ mit zwei italienischen Schauspielern, die sich die englischen Namen Terence Hill und Bud Spencer gegeben hatten.

Nach dem Verkauf des Theaters an Adolf Schoofs zog der Western sozusagen auch ins Programmschema und hinter die Kulissen ein. Ein schier unerschöpflicher Mix aus Action-, Erotik- und Exploitationfilmen fegte durchs nun dreigeteilte Haus, zusammen mit einigen Überraschungshits und längst abgenudelten Kopien der benachbarten Erstaufführungspaläste. Dass das Asta mit aus dem Westernkino entlehnten Rächerfilmen wie „Death Wish 3“ und „Madrid Connection“ sein Programm und Dasein beschloss, ist da nur konsequent. Heute, genau 110 Jahre nach der Eröffnung des Kinos, kann man zwei Dinge festhalten. Erstens: Es gibt viel zu wenige Kinos auf der Welt, die noch den Namen einer frühen Filmkünstlerin tragen. Und Nielsen war mehr als nur der erste wirkliche Filmstar. Sie war mit ihren vielen unterschiedlichen Rollen eine famose Verwandlungskünstlerin, die Geschlechtergrenzen aufhob und das Kino überhaupt erst bei einer breiten Öffentlichkeit salonfähig machte. Der zweite Aspekt ihres Düsseldorfer Kinos ist und bleibt, dass es so, wie es war, nur zu einer Zeit funktionieren konnte, in der der Kinobesuch vielen Menschen ein wöchentliches Anliegen war.

Von der großen Schauspielkunst mit Live-Orchester zu den Komödien Ernst Lubitschs und den Wochenschauen und Propagandafilmen der Nazizeit bis zu Eddie Constantine, den sonntäglichen Jugendvorstellungen mit Tarzan und Fuzzy, Django, Godzilla und dem Radaukino der Cannon-Brothers. Das Asta hat alles erlebt und gespielt – und sich doch bis zuletzt, als die Sitze schon wackelten und das Kino angesichts des drohenden Abrisses immer klappriger wurde, viel von der Würde und dem Wohl des Kinoerlebnisses bewahrt. Allein wegen Asta Nielsens Namen, der in grünen Leuchtbuchstaben bis zur allerletzten Sekunde von links nach rechts über die Front des Hauses huschte. (rs)