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Prince of the „City“

Veröffentlicht am 09.02.2021

Der Roman „Strengstes Jugendverbot“ reist in die Kino-Center 1985


Es kommt nicht oft vor, dass Kinomacher einen Roman schreiben. Robert Bernnat, zwei Jahrzehnte lang Theaterleiter und -betreiber in Süddeutschland, blickt in „Strengstes Jugendverbot – Eine Jugend im Kino der 80er Jahre“ (Books on Demand, 2020) in eine westdeutsche Kleinstadt, wo der Spross eines Kinobesitzers 1985 mit dem Schulalltag und der Liebe hadert. Fast im Sinne von Truffauts Antoine Doinel meint der Held gleich auf der ersten Seite lakonisch: „Was so alltäglich zu einem Leben dazugehört wie in meinem Falle eben das Kino, das nimmt man irgendwann nicht mehr wahr, davon kann man, glaube ich, nicht einmal träumen.“

Zwischen dem ABC-Kino-Center samt Porno-Saal des ultrarechten Vaters und dem auf Exploitation abonnierten City-Center des lieben Onkels Willy findet der 16jährige Chris die erste große Liebe. Zwischendurch geht es durch nächtliche Kinofoyers, ins verheißungsvolle West-Berlin, durch Waldorfschulen mit Umwelt-AGs, Steh-Pizzerien, Dönerbuden und die Etagen des Horten-Kaufhauses.

Wer selbst in den 1980er Jahren aufgewachsen ist, muss mehrfach schmunzeln oder sogar laut auflachen, denn der gebürtige Freiburger Bernnat formuliert treffend die Sehnsüchte und Träume einer Jugend, die zwingend vor die Tür musste, um das Glück und die darauf hinführenden Inhalte zu finden. Das Kino offenbart sich folgerichtig als Umweg zur Liebe – trotz oder auch wegen der zitierten Filme „Le Bal – Der Tanzpalast“, „Yentl“, „Die Wildgänse kommen“, „Angel“, „Die Klassenfete“ und „Als die Frauen noch Schwänze hatten“.

Mit herrlichen Anekdoten zum Kino- und Verleihgeschäft sorgt Bernnat dafür, dass man vom Kino des Schicksalsjahres 1985 mit seinen letzten wilden Wiederaufführungen, Cannon-Filmen, Söldner- und Ninjafilmen doch noch einmal träumen kann. (rs)