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Die abgesa(e)gte „Flut“

Veröffentlicht am 20.12.2019

Vor 35 Jahren nahm das Asta „Die rote Flut“ ins Programm - und wieder raus


Die Werbung vor Weihnachten war nicht zu übersehen. Auf zahlreichen Düsseldorfer Litfasssäulen klebte Mitte Dezember 1984 ein zweiteiliges Plakat zu dem Action-Reißer „Die rote Flut“ von John Milius. Die markige Tagline über der eindeutigen Illustration schießwütiger Teens, die von allen Seiten mit hochprofessionellem Kriegsgerät drangsaliert werden: „Als es um die Freiheit geht, tauschen sie ihre Schulbücher gegen MPs.“

Am 21.12.1984 war es dann soweit – und „Die rote Flut“ mit ihrer hanebüchenen Story - die Russen fallen mit Kubanern wild mordend in einer US-Kleinstadt ein – schwappte in 71 westdeutsche Kinos. Bereits im Vorfeld hatte es in einigen Städten Proteste, Aufforderungen zum Boykott und auch Drohbriefe gehagelt - nicht zuletzt wegen des markigen Trailers, der einen „Dritten Weltkrieg“ ankündigte. In Düsseldorf startete der Film im Asta 1 und Rex B. Schon zu den ersten Vorstellungen am Vor- und Nachmittag wurde es turbulent. Friedensaktivisten und angebliche „linke Studentengruppierungen“ beschimpften vor den Kinos die zahlreich erschienenen Gäste, darunter vor allem Jugendliche. Einige ritzten dann im Saal sogar Kinosessel an und warfen Getränke Richtung Leinwand. Die Kummer gewöhnten Kassenmitarbeiter wurden beschimpft mit: „Sie sollten sich schämen, so einen Müll zu zeigen.“  

Speziell im Asta, so wurde es der Rheinischen Post zugetragen, hätten auch Kinder unter 16 Jahren im Publikum gesessen. Gegen Abend kam es dann vor der Kasse im Foyer zu Rangeleien, dazu schrien einige Aktivisten „Volksverhetzer! Volksverhetzer!“. Die Folge: Noch am Samstagmittag, nach gerade einmal vier oder fünf regulären Vorführungen, stoppten die UFA und die Goldermann-Betriebe gleichzeitig den Einsatz des Films, holten die Plakate aus den Schaufenstern und zerstückelten den Film des UIP-Verleihs wieder in mehrere Teile. Im Asta nahm man als Ersatz für den Boykott kurzfristig „Schlappschuss“ ins Programm.

Auch in Berlin, Heilbronn und Freiburg verschwand das mit Patrick Swayze, Lea Thompson, C. Thomas Howell und Harry Dean Stanton besetzte „antikommunistische Machwerk“ noch vor Heiligabend oder am 1. Weihnachtstag aus den Kinos - ein einmaliger Vorgang in der westdeutschen Kinogeschichte. Einige kleinere Städte hatten mit dem Einsatz weit weniger Probleme. Das anfänglich sehr große Publikumsinteresse flaute dort nach der ersten Weihnachtswoche allerdings abrupt ab. (rs)